
Geschichte sichtbar machen und erhalten
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Wilhelm+Mayer Bau GmbH
Dr.-Alfons-Heinzle-Straße 38
6840 Götzis
Interview mit Architekt und Bauforscher DI Raimund Rhomberg
Allein in Vorarlberg sind über 1.600 Baudenkmäler erfasst – im Besitz von Gemeinden, Privatpersonen, Vereinen oder der Kirche. Die Instandsetzung historischer Bauwerke ist Teil des Leistungsspektrums von Wilhelm+Mayer. Die aufwendigen Arbeiten dauern meist mehrere Jahre und finden stets in enger Abstimmung mit dem Bundesdenkmalamt und Bauforschern wie Architekt Raimund Rhomberg statt.
Herr Rhomberg, wie lange sind Sie schon im Bereich der historischen Bauforschung tätig?
Eigentlich interessiere ich mich für das Thema seit 1994. Doch erst nach dem Abschluss des Architekturstudiums 2003 konnte ich in der Bauforschung und Baudokumentation professionell arbeiten und mich darauf spezialisieren.
Was sind dabei Ihre zentralen Aufgaben und worin sehen Sie die größten Herausforderungen?
Die historische Bauforschung ist wie Detektivarbeit. Die Basis bilden genaue Pläne. Das heißt, es muss geodätisch vermessen werden. Ohne Tachymeter geht es nicht mehr. Ich habe die digitale Bauaufnahme selbst entwickelt und dabei niemanden gefragt. So hatte ich das technische Wissen für Hochbauzeichnen und konnte darauf aufbauen. Eine bauhistorische Analyse basiert auf einer Kombination aus technischen Plänen und Naturrealismus, ähnlich wie es in der Archäologie durchgeführt wird. Die Technik, etwas darzustellen, hängt stark vom Objekt selbst ab, und die Genauigkeit beziehungsweise die Auflösung der Vermessung wird vor Ort entschieden. Dies gilt beim aufgehenden Mauerwerk nicht nur bei Ruinen, sondern auch bei bestehenden Bauten aller Art. Je älter ein Gebäude, desto spannender wird die Arbeit. Vor Schmutz darf man sich nicht fürchten! Die Bauforschung an sich beruht auf Besuch von Kursen, Vorträgen und der Zusammenarbeit mit anderen Fachleuten und dem Bundesdenkmalamt. Der Rest ist jahrelange Erfahrung. Hie und da muss auch ein Archiv oder eine Bibliothek besucht werden. Ohne Recherchen geht es nicht. Ein bisschen Geschichte schadet dabei nicht. Doch das Objekt selbst stellt das eigentliche Geschichtsbuch dar. Denn dabei handelt es sich um eine primäre Quelle, und diese ist meistens unverfälscht, sofern sie nicht bereits restauriert wurde.
Wie viele Objekte haben Sie bereits bauhistorisch untersucht und dokumentiert? Welche blieben Ihnen besonders in Erinnerung?
In den letzten 20 Jahren habe ich ca. 300 Objekte vermessen und dokumentiert. Am meisten in Erinnerung bleiben die Burgruinen und die sakralen Bauten.
Gab es bei dem einen oder anderen Objekt außergewöhnliche Momente oder überraschende Situationen, z.B. einzigartige Konstruktionen oder Ähnliches?
Sehr beeindruckend sind die mittelalterlichen Dachstühle in Kirchen. Die ältesten Konstruktionen in Vorarlberg stammen aus dem 15. Jahrhundert. Meistens blieben die Stuhlkonstruktionen nur bei Kirchen erhalten. Ausnahmen bilden die Schattenburg und die Burg Neu-Ems. Das Schönste ist, wenn man Räume entdeckt, in denen seit Langem schon keiner mehr war. Man fühlt sich dann in eine andere Zeit versetzt. Oft sind diese Örtlichkeiten schwer erreichbar und müssen auf allen Vieren erforscht werden. Besonders die Sichtung von altem Mauerwerk aus dem Hochmittelalter stellt immer wieder ein Erlebnis dar, vor allem, wenn sich diese in alten Bauernhäusern erhalten haben. In der Probstei St. Gerold befindet sich das schönste romanische Quadermauerwerk aus dem 11./12. Jahrhundert in unserem Lande.
Wie viele Stunden, Monate oder gar Jahre umfasst Ihre Arbeit, im Hinblick auf das hier im Blog vorgestellte Projekt, die Restaurierung der Burgruine Blumenegg in Thüringerberg? (→ zum Artikel)
Diese Arbeit kann nicht in Stunden zusammengefasst werden. Die Burgruine Blumenegg wurde von mir komplett vermessen und alle Ansichten wurden gesteinsgerecht gezeichnet. Es wurden insgesamt sechs Bauetappen auf dieser Burgruine begleitet. Jedes Mal wurden ein Bericht erstellt und die Pläne dabei ergänzt. Es steckt viel Liebe zum Detail dahinter.
Wir haben nun einiges über Ihre Tätigkeit rund um die Restaurierung historischer Bauten erfahren – herzlichen Dank schon mal dafür. Jetzt würde uns abschließend noch interessieren, was macht Raimund Rhomberg in seiner Freizeit?
Da mein Hobby zum Beruf wurde, bleibt nicht mehr viel Freizeit übrig. Allerdings habe ich Freude an handwerklicher Arbeit, das bezieht sich vor allem auf die Arbeit mit Holz. Da ich selber in einem alten Gebäude wohne, gibt es immer etwas zu tun. Sonst gehe ich auch gerne wandern und im Winter Ski fahren.
Vielen Dank für das Gespräch.
Kurzbiografie Raimund Rhomberg: Abschluss des Architekturstudiums an der TU Wien im Jahr 2003. Seit 2003 selbständig freiberuflich tätig. Spezialisierung auf Bauaufnahmen und bauhistorische Gutachten zu historischen Gebäuden aller Art und auf Burgruinen. 2007/08 als Sachbearbeiter im Bundesdenkmalamt Abteilung Vorarlberg aktiv, danach wieder selbständig freiberuflich tätig. Hauptbearbeitungsgebiete sind Vorarlberg, andere österreichische Bundesländer, Graubünden und Bayern. (→ Kontakt)